Mexiko (Chiapas) – Yonny Ronay Chacon Gonzalez

Student, im Alter von 22 Jahren zu mehr als 31 Jahren Haft verurteilt – aufgrund von durch Folter erwirkten Geständnissen und fingierten Beweisen

Yonny Ronay ist Student aus einer einfachen Bauernfamilie in Chiapas (Mexiko). Er wurde im März 2019 in der Stadt, in der er studierte, bei einer Polizeikontrolle festgenommen, ohne Begründung weggeschafft und dann in die Einrichtungen der Sonderermittlungsstelle der Staatsanwaltschaft gebracht. Dabei wurde er gefoltert, damit er einen Diebstahl gestand: Er musste sich hinknien, bekam Ohrfeigen, Schläge mit einem Brett und einem geknoteten Tuch, es wurde sein Ertränken vorgetäuscht und er bekam elektrische Schocks.

Um seine Verhaftung zu rechtfertigen, wurde sein Fall am folgenden Tag in der örtlichen Presse und auf sozialen Medien herausgestellt; dabei wurden schwere Waffen neben ihm gezeigt. Yonny sollte damit als Mitglied einer kriminellen Gruppierung und Urheber eines Mordes in Villaflores, einer anderen Stadt in Chiapas, hingestellt werden.

Am übernächsten Tag, an dem er hätte entlassen werden müssen (in der Akte gegen ihn stand nichts), holten Polizisten ihn ab, um ihn zur Staatsanwaltschaft in Villaflores zu bringen. Wieder wurde er gefoltert, diesmal um ihn zu zwingen, den in den Medien bekannt gegebenen Mord zu gestehen. Yonny Ronay berichtete unter anderem, dass ihm mit einer in Pfeffer eingeriebenen Plastiktüte die Atemluft genommen wurde. Anschließend wurde er in Präventivhaft genommen, und ihm wurde ein schweres Tötungsdelikt und zudem ein schwerwiegender Diebstahl zur Last gelegt.

Die willkürliche Inhaftierung von Yonny Ronay aufgrund fingierter Beweise ist eine Verletzung seines Anspruchs auf die Unschuldsvermutung und auf ein faires Verfahren. Er hat mehrfach erklärt, dass er sich am Tag des ihm zur Last gelegten Mordes von Villaflores in der Stadt Cintalapa aufgehalten habe.
Über die bei den ersten Verhören verübten Folterungen sagte er vor dem Richter aus; ärztliche Bescheinigungen und mehrere Zeugenaussagen bestätigen seine Aussagen.

Dennoch hat die Justiz von Chiapas all diese schwerwiegenden Verstöße bewusst ignoriert und ihn im September 2021 zu 31 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Er befindet sich derzeit in der Haftanstalt 15 der Gemeinde Copaila (Chiapas), in die er im Dezember 2022 verlegt wurde.

Folter: in Mexiko durchaus üblich

Trotz der Ratifizierung internationaler Menschenrechtsübereinkünfte und -verträge und der Verabschiedung mexikanischer Gesetze, die die Folter bekämpfen sollen, ist diese Praxis im Land weiterhin durchaus üblich. In diesem Zusammenhang hat die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechte bei ihrem letzten Besuch des Landes ihre extreme Besorgnis wegen der allgemein verbreiteten Anwendung der Folter in Mexiko zum Ausdruck gebracht und festgestellt, Folter und Misshandlungen unmittelbar im Anschluss an die Inhaftierung und vor der Überstellung an ein Gericht seien in Mexiko sehr verbreitet, und in dieser Hinsicht sei Straflosigkeit gegeben.

Willkürliche Inhaftierung ist bei den Ordnungskräften sehr zur Gewohnheit geworden, und das Risiko, willkürlich inhaftiert zu werden, steigt exponentiell, wenn es sich um Personen in prekärer Situation handelt, die besonders leicht betroffen sein können, auch Menschenrechtsaktivisten. Zu diesen Tendenzen kommt hinzu, dass nur 1,3 % der Straftaten aufgeklärt werden. Dadurch gehört Mexiko zu den Ländern, in denen die Straflosigkeit weltweit am stärksten verbreitet ist. Vor diesem Hintergrund lassen Fälle wie der von Yonny eine allgemein verbreitete Strategie in Bezug auf Kriminalität bei der mexikanischen Justiz erkennen; deren Komplizenschaft mit den Ordnungskräften gibt diesen die Möglichkeit, ohne rechtliche Grundlage vorzugehen und doch nie sanktioniert zu werden.

Fingierte Beweismittel und Straflosigkeit in Chiapas

Der Fall Yonny Ronay ist nur eines der Beispiele für die Fingierung von Beweisen durch die Justizbehörden von Chiapas. Statt sorgfältige Ermittlungen zu führen und den wahren Sachverhalt festzustellen, erzwingen die Polizisten Geständnisse, wobei sie nahezu systematisch Folter praktizieren. Im Februar 2020 hat nämlich die Staatsanwaltschaft nochmals einen Sachverhalt konstruiert: Sie hat unrechtmäßig den Führerschein von Yonny verwendet und seine Zeugenaussage gefälscht, um die Verurteilung von zwei weiteren Personen herbeizuführen, die ebenfalls widerrechtlich in Haft gehalten und gefoltert worden waren. Im Zuge einer Untersuchung haben mexikanische Bundesbehörden festgestellt, dass Beweismittel zu Lasten dieser Personen fingiert worden waren und dass Yonny nicht Zeuge dieser Ereignisse gewesen sein konnte, weil er sich zu der Zeit im Gefängnis befand. Trotzdem ist gegen die Beamten nie ermittelt worden, und die beiden genannten Personen bleiben in Haft.

Quelle: ACAT France


    Übersetzung des Briefes

    Dr. Guillermo Ramos Pérez
    Magistrado Presidente del Tribunal Superior de Justicia
    Palacio de Justicia, Libramiento Norte Oriente No. 2100, Fracc. El Bosque
    C.P. 29049 Tuxtla Gutiérrez, Chiapas

    Sehr geehrter Herr Präsident des Obersten Gerichtshofes,

    aufgrund von Informationen, die ich von der ACAT Luxemburg (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter) erhalten habe, bringe ich Ihnen hiermit meine große Besorgnis wegen der Verurteilung von Yonny Ronay Chacon González in Chiapas (Mexiko) zum Ausdruck.

    Dieser junge Mann war am 13. März 2019 von Angehörigen der Sonderermittlungsstelle der Staatsanwaltschaft von Chiapas in Tuxla Gutiérrez widerrechtlich festgenommen und inhaftiert worden. Am folgenden Tag wurde er in der örtlichen Presse und auf sozialen Medien als gefährlicher Verbrecher hingestellt. Am übernächsten Tag wurde er entlassen und dann erneut festgenommen, diesmal von Angehörigen der Staatsanwaltschaft von Villaflores, eines anderen Bezirks von Chiapas. Er wurde kurz darauf in der Stadt Villaflores in Untersuchungshaft genommen, und ihm wurde ein schweres Tötungsdelikt sowie ein schwerwiegender Diebstahl zur Last gelegt.

    Aus ärztlichen Bescheinigungen ist ersichtlich, dass er körperlich und psychisch gefoltert wurde, um ihn zu Geständnissen zu zwingen und gefälschte Indizien gegen ihn vorzulegen. Mehrere Zeugenaussagen zeigen jedoch, dass er am Tag des ihm zur Last gelegten Mordes nicht in Villaflores war. Seine Rechte auf die Unschuldsvermutung und auf ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren mit der Garantie für eine faire Verhandlung im Einklang mit den von der mexikanischen Regierung ratifizierten internationalen Normen wurden schwer verletzt. Seine Beschwerde wegen Folter wurde abgewiesen.

    Trotz dieser schweren Menschenrechtsverletzungen hat die Justiz von Chiapas Yonny Ronay Chacon González zu einer Haftstrafe von 31 Jahren und sechs Monaten verurteilt.
    Aus diesen Gründen ersuche ich Sie dringend, umgehend hinzuwirken auf:

    • die Freilassung von Yonny Ronay Chacon González;
    • die Verfolgung der Täter und Gehilfen, die für seine willkürliche Inhaftierung und die Folterungen, denen er ausgesetzt war, verantwortlich sind;
    • die Rehabilitation von Yonny Ronay Chacon González und Wiedergutmachungsleistungen für die schweren Schäden, die er erlitten hat.

    Mit vorzüglicher Hochachtung


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    Der Brief ist zu adressieren an

    Dr. Guillermo Ramos Pérez
    Magistrado Presidente del Tribunal Superior de Justicia
    Palacio de Justicia, Libramiento Norte Oriente No. 2100, Fracc. El Bosque
    C.P. 29049 Tuxtla Gutiérrez, Chiapas

    Kopie des Briefes an die Botschaft

    Kopie an Seine Exzellenz Rogelio Granguillhome Morfin

    Botschafter Mexikos in Brüssel,
    Avenue Franklin Roosevelt, 94
    B-1050 Bruxelles Belgique

    Frankieren mit 1.40 €.
    Nicht vergessen : Name, Vorname, Anschift, Datum, Unterschrift
    Bitte schreiben Sie vor dem 31 Juli 2023.