Mit den Opfern sein – auf dass Hoffnung werde

ACAT Karfreitagsgebet 2022

ACAT Luxemburg fordert zusammen mit ACAT Suisse zu einem Gebet für Belarus auf. Wir schließen uns damit im ökumenischen Geist der „Fürbitte für Bedrängte und Verfolgte. Im Fokus: Belarus“ der Evangelischen Kirche Deutschlands anlässlich des Sonntag Reminiszere am 13. März 2022 an.

Bis zum 24. Februar 2022 wurde mit „Gebet für Belarus“ oder „Haltet zu Belarus!“ wie ACAT Suisse textete, eindeutig die bedrängte Situation der Belarussen in Folge der Proteste gegen die flächendeckenden Wahlfälschung durch Lukaschenko bei der Wahl vom 9. August 2020 aufgerufen; Bilder der friedlichen deutlich von Frauen bestimmten Proteste: die Gesichter von Svetlana Tikhanoskaïa, der legitimen Wahlsiegerin, von Veronika Zapkalo und Maria Kolesnikova waren das freundliche Gesicht der gewaltfreien Opposition gegen Lukaschenkos skrupellosen Apparat. Maria Kalesnikova wurde am 6.9.2021 von einem Minsker Gericht zu 11 Jahren Straflager verurteilt, die anderen beiden Frauen führen den politischen Kampf aus dem Exil weiter.Die Menschenrechtsorganisation Viasna berichtet Stand Februar 2022 von 1060 politischen Gefangenen in Belarus. Laut Viasna liegen mehr als 5000 Beschwerden wegen Folter und anderweitigen Misshandlungen gegen den belarussischen Staat vor.

 ACAT Luxemburg als christliche Organisation möchte bei aller Tagesaktualität nicht darauf verzichten, Menschenrechtssituationen wie die in Belarus nachhaltig kritisch zu begleiten. Mit dem Beginn von Putins Angriffskrieg am 24. Februar 2022 wurde Belarus auf für die Opposition tragische Weise wieder in die Tagesaktualität katapultiert: Putin nahm Belarus als Aufmarschgebiet für seine Truppen und gegen die Resolution der Uno-Vollversammlung am 2. März, die Putins Angriffskrieg auf schärfste verurteilte, stimmten neben Russland nur vier Staaten, darunter Belarus!

Und so wurde es von einem Tag auf den anderen schwierig, in der Öffentlichkeit von „ Gebet für Belarus“ oder gar „ Haltet zu Belarus“ zu sprechen. Die Erinnerung an die Ereignisse in Belarus seit August 2020 traten angesichts der Schrecken des Krieges in den Hintergrund, manche Menschen identifizierten Belarus pauschal mit dem Aggressor Putin/ Russland.

Wenn wir nun am Karfreitag das Leiden der verfolgten BelarussInnen ins Gebet bringen, wenn wir das „Easter Tryptychon“ von Polina Solveichik meditieren, verbinden wir uns mit den Menschen in Belarus, der Ukraine und auch in Russland, deren Engagement von der Hoffnung auf Auferstehung, auf ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit genährt wird.

„Easter Tryptychon“ von Polina Solveichik

Spirit der Heiligen für unsere Zeit

Heiligendarstellungen sind immer durch die Zeit geprägt, in der sie entstehen. So auch beim Triptychon von Polina Soloveichik, das sie zum Osterfest 2021 für die Genezarethkirche in Berlin-Neukölln gemalt hat, in einer Periode anhaltender Repressionen, Verhaftungswellen, ja Folter gegenüber friedlichen oppositionellen Kräften in Belarus. Bis heute sind es Frauen, die massgeblich den gewaltfreien Widerstand in Belarus tragen. Und so sind auf dem Triptychon auch drei starke Frauen zu sehen: Maria, Anna und Maria Magdalena.

Anders als bei vielen anderen Heiligenbildern schauen die Frauen nicht ehrfürchtig nach oben oder kümmernd nach unten. Aufgespannt zwischen Himmel und Erde – ihre Köpfe auf Höhe der Wolken – stehen sie selbstbewusst an ihrem Platz. Sie tragen lange ärmellose Kleider; Muskeln und Haut der Oberarme markant sichtbar.

Stark und kraftvoll stehen sie da auf goldenem Hintergrund mit Sonne, Blitzen und einem Regenbogen, der die drei Teile verbindet.

Maria, die Mutter Jesu, in der Mitte hat die Augen geschlossen, sie ist in sich gekehrt, doch ihre Arme hat sie entschieden nach oben erhoben, so als wäre sie ein Sprachrohr für eine Botschaft aus einer anderen Welt. Hinter ihren Ohren trägt Maria Megafone – fast wie Haarschmuck. Sie erinnern in diesen Tagen an Maria Kolesnikowa, Oppositionsführerin in Belarus: Die Musikerin hat ihre Flöte gegen ein Megafon getauscht; weltbekannt sind die Pressefotos auf denen sie mit einem Megafon in der Hand auf Demonstrationen spricht. Am 7. September 2020 wird sie in Minsk vom Geheimdienst KGB entführt und kommt trotz internationalen Protests in Haft. Nach innen lauschen und laut werden für Gerechtigkeit und Menschenrechte gehören zusammen.

Maria Magdalena rechts im Bild ist die jüngste der drei Frauenfiguren. Sie ist die erste Zeugin der Auferstehung, daher stammt auch ihr Titel «apostola apostolorum» (Apostelin der Apostel). Sie sollte den anderen Jünger*innen von der Auferstehung erzählen, doch ihr wurde zuerst nicht geglaubt. Nach einer ostkirchlichen Legende verwies sie auf ein Ei, das tot aussieht, aber Leben hervorbringt; laut einer anderen Legende färbte sich das Ei wie ein Wunder nach ihrer Ansage rot.

Maria Magdalena trägt wie Anna auf der anderen Seite des Triptychons weisse Lilien. Diese gelten eigentlich als Marienblumen, aber Maria braucht leere Hände. So tragen die beiden andern Frauen die Blumen für sie.

Mit den Ereignissen in Belarus im Kopf erinnern die Blumen an die Frauen, die oft in Weiss und Rot gekleidet mit Blumensträussen auf Demonstrationen gegangen sind und Sicherheitskräften Blumen überreichten oder ihnen vor die Füsse legten.

Mit weissen langen Haaren steht Anna, die Mutter Marias und Grossmutter Jesu, auf der linken Seite. Sie blickt nach unten auf die Betrachter*in. In sich ruhend, weise, das Leben kennend.

Symbole aus der christlichen Ikonografie verbinden sich in diesen Bildern mit zeitgenössischen Symbolen und Themen. Für viele Betrachter*innen ein Statement von Schönheit, Zugehörigkeit und Empowerment.

Lioba Diez, www.spiritandsoul.org