Sr. Elisabeth Neumeister: Gedanken zur „Ikone der Großen Ökumene“

Seit Sommer 2023 ist Kloster Burg Dinklage Mitglied bei ACAT Luxemburg und begleitet unsere Anliegen im Gebet.

Ikone der Großen Ökumene – interreligiöser Dialog
Idee: Sr. Elisabeth Neumeister OSB, Abtei Burg Dinklage
Ausführung: Br. Ansgar Stukenborg OSB, Kloster Nütschau

Ökumene ist für mich, Jahrgang 1945 und seit 1973 als Benediktinerin im Kloster Burg Dinklage lebend immer ein lebensbegleitendes Thema gewesen, weil meine Eltern eine „konfessionsverbindende“ Ehe eingegangen sind. Bei mir selbst hat sich nach und nach der interreligiöse Dialog eingestellt. Viele persönliche Begegnungen , gute Literatur, die mir in die Hände fiel: auf sehr unterschiedlicher Art und Weise fand eine Auseinandersetzung und Vertiefung statt. Ich kann heute von mir sagen, ich bin positiv ökumenisch geprägt. Und irgendwann zeigte sich mir wie in einem Traum das Bild der „Großen Ökumene“. Im Gespräch mit Bruder Ansgar, der Ikonen schreibt –und immer wieder neue Ikonen gestaltet – nahm die“ Ikone der großen Ökumene“ Gestalt an.

Im interreligiösen Dialog begegnen sich Gläubige verschiedener Religionen in einer Atmosphäre der Offenheit und Wertschätzung. In einer immer mehr globalisierten Welt, bei der Begegnung mit Nachbarn anderer religiösen Traditionen dürfen wir heute neu die Bedeutung des „gemeinsamen Menschseins“ vor Gott erfahren. Diese Erfahrung wurzelt für Juden und Christen in der biblischen Aussage, dass Gott der Schöpfer und Bewahrer der ganzen Schöpfung ist. „Des HERRN ist die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner.“ (Ps “4,1) Die eschatologischen Visionen in der Bibel nehmen vorweg, dass alle Völker zusammenkommen werden.

So erwächst in vielen Menschen immer stärker die Sehnsucht und der aufrichtige Wunsch, den Weg zur Fülle der Wahrheit mit den Menschen aller Religionen in gegenseitiger Wertschätzung gemeinsam zu gehen.
Das Zweite Vatikanische Konzil sagt: „Die katholische Kirche lehnt nichts von allem ab, was in anderen Religionen wahr und heilig ist. „Eine Weisheit aus Indien lautet: „Ein und derselbe Mond spiegelt sich wider in allen Wassern.“ Und eine islamische Weisheit aus der persischen Sufi-Mystik, die im 13. Jahrhundert ein Dichter aus dem heutigen Afghanistan den Menschen ins Stammbuch schrieb: „Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort – dort treffen wir uns.“

Wie viele Menschen, Frauen und Männer haben den Weg der Ökumene gestaltet! Wie viel Einsatz und Herzblut wurde dafür eingesetzt. Im Laufe der Jahre wurde uns klar, in der heutigen Zeit geht es nicht mehr darum, die Verschiedenheit zu betonen, sondern das Verbindende zu sehen. Die Verschiedenheit besteht, das ist keine Frage und es ist gut, dass es verschiedene Wege gibt. Im Vordergrund steht HEUTE das, was allen gemeinsam ist. Wir Menschen sind aufgrund unserer inneren Verfasstheit verschieden, so gibt es auch verschiedene religiöse Wege. Im tiefsten Grund führen alle diese Wege an denselben Ort, denselben inneren Kern.

Der Anfang der zu gestaltenden Ikone der „großen Ökumene“ ist der brennende Dornbusch und Mose, der anbetend vor Gott niedergefallen ist. Im biblischen Text, im Buch Exodus heißt es: “Eines Tages trieb Mose das Vieh über die Steppe hinaus und kam zum Gottesberg Horeb. Dort erschien ihm der Herr (Ex 3,1-2). Die Gebirgslandschaft ist dargestellt oder auch die Wüstenlandschaft – beides sind Hinweise für Gottes Gegenwart. Mose ist stellvertretend, anbetend für alle Menschen, die in unterschiedlichen Religionen suchen – und nach IHM, nach dem Göttlichen fragen.

Im Kreis herum leuchtet der Regenbogen auf. Nach Auskunft der heiligen Schrift ist der Regenbogen das Zeichen für den Bund Gottes mit der ganzen Menschheit. Der Segen des Bundes gilt allen Menschen! In den Farben tut sich der geheimnisvolle Gott den Menschen kund. Im Regenbogenrund verteilen sich die Symbole, die für die einzelnen Religionen stehen. Im Lichtkranz der Regenbogenfarben strahlen sie auf.

Die leuchtenden Kreise sind von einem dunkelblauen, glänzenden Hintergrund umgeben. Gold scheint hindurch, wie Sterne am nächtlichen Firmament, wie STERNENSTAUB. Als wissenschaftlicher Begriff bezeichnet der Sternenstaub kleine, teilweise mikroskopische Materiepartikel im interstellaren Raum. Die Sterne sind uns näher als wir Menschen jemals dachten. Der Priester und Dichter Ernesto Cardenal schreibt in einem Gedicht: „Alle Elemente unseres Körpers und des Planeten waren im Inneren eines Planeten, waren im Innersten eines Sterns. Wir alle sind selbst Sternenstaub.“

Es ist zum Staunen, was uns Menschen weltweit miteinander verbindet! Wir sind uns dessen nur wenig bewusst. Der Weg zu „großen Ökumene“ ist uns als innere Vision eingeschrieben, sie will uns leiten. Vor vielen Jahren hat Joni Mitchell uns diesen Song geschenkt.

„Wir sind Sternenstaub, wir sind golden. Wir sind für das Paradies, für den Garten Eden bestimmt.“
An anderer Stelle spricht uns Ernesto Cardenal zu: „Wir sind noch nicht im Festsaal angelangt, aber wir sind alle eingeladen! Wir sehen schon die Lichter und hören die Musik….“

Sr. Elisabeth Neumeister OSB